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Wortspielereien à la carte 

Es gibt zahlreiche Wörter, deren eigentliche Bedeutung verloren ging, da sie sich gewandelt hat. Sehr oft auch sind wir uns ihrer gar nicht gewahr.

Hier ist Platz, sie aufzustöbern und kurz zu beleuchten.

Das Wort Wort selbst übrigens bedeutet: Name. Somit sorgt es dafür, dass wir alles, wirklich alles benennen können. Formidabel (Erklärung s.u.)!

Einer fehlt im Wortschatz

  • Wir bemuttern, doch bevatern nicht. Auch kennen wir nur die Gebär-Mutter ...
  • Wir begatten, doch begattinnen nicht.
  • Sich zu verbrüdern, ist genehm. Indes, so scheint es, hat es sich allweil ausgeschwestert.
  • Von Gefühlen, Müdigkeit und anderen Gegnern übermannt, liegen die Kerle reihenweise darnieder. Frauen - kann das wortwörtlich nicht passieren!
  • Es weihnachtet, indessen es niemals ostert oder pfingstet.

Von verschleierter Herkunft

  • Eine Zeitung hat nichts mit der Zeit zu tun, auch wenn sie das Neueste von vorgestern verkündet. Sie ist die altgotische Tidung, welche im Niederdeutschen wie Niederländischen weiterhin als Nachricht samt Botschaft umgeht.
  • Was uns heute merkwürdig, also eigentümlich, verschroben oder verwunderlich, anficht, war einst des Merkens würdig. Es sollte beachtet, sogar im Gedächtnis behalten werden. Es war und ist merkenswert.
  • Homo, der Mensch, und Humus, der Erdboden, sind miteinander verwandt, quasi irdisch verknüpft. Man hört es. – Doch ist es uns wirklich bewusst? Und zwar nicht erst, wenn uns die liturgische Formel "Erde zu Erde ..." erreicht?
  • Das Nickerchen ist ein solches, weil es vom Neigen kommt. Wir gönnen es uns, sofern wir nur eine Mütze Schlaf nehmen, ein bisschen dösen wollen. Weshalb wir uns auch gar nicht erst hinlegen, wir bleiben sitzen. Sobald dann der Kopf der Schwerkraft folgt und nach vorn kippt, sind wir mittendrin, im Nicker.
  • Gecheckt = kapiert? Gemach, gemach. Zunächst meint to check, etwas zu stoppen, wörtlich Schach zu bieten. Dann freilich können wir die Sache prüfen, um sie letztendlich vielleicht sogar begreifen zu können.
  • Wer etwas anzettelt, will im ursprünglichen Sinn einen Stoff weben. Zettel ist ein anderes Wort für die Kette, die auf den Webstuhl zu spannen ist. Anzetteln meint zunächst also: anweben. Daraus entwickelte sich, etwas zu beginnen. Heute verstehen wir darunter, zu einer voraussichlich heiklen Sache anzustiften, sie einzufädeln.

Wortwörtlich oder ein bisschen Nonsens

  • Wer weiß, was in einer Mitternachtssuppe schwimmt?
  • Beschützt der Katastrophenschutz nur das Unglück? Oder den Teil der Menschheit, der vom Rest derselben als Katastrophe empfunden wird?
  • Los und Lotterie entstammen einer Familie. Ebenso der Loser = Verlierer. Irgendwie – sollte das den Gewinnwilligen zu denken geben.
  • Sichert eine Sterbeversicherung gegen den Tod ab? Bestimmt nicht. Und selbst dann nicht, wenn sie sich Sterbegeldversicherung nennt.
  • Neulich gehört: Da sei etwas kleingewachsen. Ja – was nun, klein oder gewachsen?
  • Manches Versprechen entpuppt sich im Nachhinein als Versprecher. Versprochen!

Bedeutungswandel, der Spuren hinterließ

  • Bieder heißt wortwörtlich bedürftig. Was alsdann so bieder wie wacker und fromm galt, ist heute verpönt. Weil spießig, hinterwäldlerisch, von gestern.
  • Formidabel empfinden wir Dinge und Geschehnisse, die außergewöhnlich, imposant, erstaunlich daherkommen. Der lateinischen Vorlage, formidabilis, indes scheinen sie furchtbar, gar grausig zu sein.
  • Damen, die es hassen, Weib genannt zu werden, warten wohl umsonst auf ihren Traummann. Weib bezeichnete zunächst, und zwar familiär und liebevoll, das (bessere?) Ehegespons. Eine Ehefrau hingegen war vor allem die Herrin. 
  • mit Gift = tödlich, Mitgift = löblich. An sich sind beides Gaben. Daher auch bezeichnet gift im Englischen ein Geschenk. Es kommt halt, wie immer, auf die Dosis an.
  • So manch einer zieht eine Schau, auch Show geheißen, ab, obwohl es dabei augenscheinlich gar nichts zu sehen gibt.

Nicht ohne mein Un-

  • Einige unserer Zeitgenossen lieben es, unverrichtete Sachen zu bejammern und vor sich her zu schieben. Während andere es für selbstverständlich halten, die von ihnen verrichteten Dinge nicht mal an die große Glocke zu hängen. 
  • Wenn etwas unzulänglich ist, müssen wir demnächst alle Hoffnung begraben. Es kann wohl niemals mehr zulänglich werden, dieweil letztere Eigenschaft im Aussterben begriffen scheint.
  • Nie fiele uns ein, Unfug nur als Fug anzustellen. Das dürfen wir mit Fug und Recht behaupten.
  • Wir halten uns nicht mehr damit auf, nur wirsch, zu sein. Nein. Wenn schon verärgert, dann richtig, und zwar unwirsch.
  • Was mag wohl das Gegenteil von unliebsam sein? Liebwärts ist diese Gefühlsregung leider nicht mehr nachzuweisen.
  • Ein Ungetüm beschreibt etwas Außerordentliches. Die Besonderheit als Wort besteht darin, dass sein Un- das Tum nicht negiert, sondern verstärkt. Das mittelhochdeutsche Tuom bedeutete Macht, auch Besitz. Es blieb im König- wie auch im Fürstentum erhalten.
  • Nicht immer ziert die Vorsilbe un- das gegenteilige Pendant zum Wort. Ein klares Wetter zeigt sich zunächst als laues Lüftchen. Per Un- flaut es nicht ab, sondern es verstärkt sich. Wenn es sein muss, katastrophal. 

Kein Wort ist schlecht (oder: Unwörter, die doch keine sind)

  • Bimbo: Schade! Es gibt so viele hübsche Tiergeschichten über Bimbos. Mal ist es ein Äffchen, mal ein Elefant oder ein Nilpferd. Doch leider wird Bimbo nur noch als diskriminierendes Schimpfwort gebraucht, da niemand mehr jemandes Bimbo machen will. 

  • Neger: Mensch mit angeboren dunkler Hautfarbe; obwohl lateinisch: niger = schwarz, dunkel. Vom Wort-Verbot betroffen sind auch N....-Küsse, deren Umbenennung in Schwedenbomben gerade noch verhindert werden konnte. Denn auch dieser Name scheint politisch unkorrekt. Weshalb die Kalorienhaufen nun zum Schaumzeug gehören.
  • getürkt: Niemand türkt, getürkt sind immer nur Dinge oder Vorgänge. Obwohl die sprachliche Herkunft dieses Tuns völlig unklar ist, vermeiden wir es. Das Wort.
  • Mohr: Mensch mit angeboren dunklerer Hautfarbe; obwohl althochdeutsch: mor = Maure (auch Äthiopier oder Nordafrikaner). Ein bekannter Schokoladen-M... musste, respektive durfte inzwischen zum Magier umschulen. Mohrrüben allerdings sind bis auf Weiteres noch (!) geduldet.
  • Zigeuner: Angehöriger von indogermanischen Wandervölkern; Namensherkunft unklar, vielleicht von einer sehr frühen Eigenbezeichnung stammend: de Secanen, welche sich in vielen slawischen Varianten wiederfindet.
  • Liliputaner: Kleinwüchsiger; obwohl ursprünglich: Weltliteraturerbe, denn Liliput ist ein Märchenland in "Gullivers Reisen", in dem winzig kleine Menschen leben.
  • Krawatte – potentiell ein Unwort, da es möglicherweise den Volksstamm der Kroaten verunglimpft.
  • Indianer: Sammelname Nicht-Rothäutiger für die meisten Urvölker Amerikas. Das Wort steht zur Debatte, ein böses zu sein. Weil es daran erinnert, dass der erhabene Europäer fehlbar ist? Doch mangels Alternative, immerhin gab/gibt es mehr als zweitausend indigene Stämme, kann der Begriff nicht so schnell und einfach abgeschafft werden. Skandalös: Der Indianerkrapfen, ein österreichisches Biskuitgebäck, ist in Deutschland als Mohrenkopf bekannt. Bedenklich, bedenklich!

Anmerkung: Was nutzt es, politisch korrektes Auftreten zu verordnen, wenn die innere Einstellung zum Thema nicht stimmt? Verurteilt gehört, wer eine Vokabel ausspeit, um so seine Verachtung auszudrücken. Das Wort selbst ist im Grunde neutral.

aussterbend

  • Aussteuer – Mitgift für die Tochter des Hauses, bestand aus Geschirr, Küchenutensilien und Haushaltswäsche.
  • Bandsalat – beschädigtes, bestenfalls nur verwickeltes Magnetband eines Musik- oder Videorekorders.
  • Frisko – abgelöst durch den Schminktisch. Die Frisierkommode an sich wird eher selten frisiert, sie dient, sofern noch vorhanden, meist dazu, zur Haarpflege unentbehrliche Utensilien aufzubewahren. 
  • Klopfstange – fest im Boden verankertes Gestänge mit horizontal angebrachtem dickeren Rohr. Zwecks Reinigung wurden Teppiche über diese Stange drapiert, um alsdann mittels Teppichklopfer Schmutz und Staub aus den Bodendecken herauszuprügeln.
  • Platte – kurz für: Schallplatte. Tonträger, bevor es Musikkassetten, CDs oder gar elektronische Speichermedien gab.
  • saumselig – eigentlich beglückt-verträumt; dann gewandelt in pflichtschuldig-verzagt. Das Wort wird nur kläglich ersetzt durch die Attribute faul, arbeitsscheu, nachlässig oder schludrig.
  • Schaufensterbummel – fand meist sonntagnachmittags statt, wurde abgelöst vom zielgerichteten Einkaufen.
  • Sendeschluss – Programmende bei Radio und Fernsehen. Wird heute mit Verkaufssendungen oder wiederholten Wiederholungen vermieden.
  • Sonntagsstaat – die gute Ausgeh- oder Feiertagsbekleidung. Für besondere Wochentage gab es ein hübsches Nachmittagskleid.
  • Telefonhäuschen – eine Kabine um einen Münzfernsprechapparat mit kleiner Ablage für das (zumeist zerfledderte oder gar fehlende) Telefonbuch. Die etwa ein Quadratmeter große Zelle war schließbar. Sie hatte aber zumindest die Tür aus Glas, sodass Ankommende sehen konnten, ob sich bereits ein Fernsprechteilnehmer im Kabüffchen befand. Das Schild "Fasse dich kurz!" befahl Telefonierenden, ihre Redezeit zu begrenzen. Denn, "Nimm Rücksicht auf Wartende". Ach so. Es hatte also nichts mit den Gebühren zu tun.
  • Unterschuss – Gewohnt an ein Übermaß an Informationen, an Arroganz und anderen Auswüchsen, vergessen wir, dass es auch einen Modus fürs Zuwenig gibt. Der hierher gehörende Schuss leitet sich übrigens vom Wort Schutz ab.
  • Telephon mit Wählscheibe; c/o Sylvia KochWählscheibe – einst Teil eines Fernsprechapparats alias Telefons, der durch einen Tastenblock abgelöst wurde.

  • Waschhaus / Waschküche – separates Häuschen oder Raum im Souterrain eines Wohnhauses, in dem verschiedene Geräte zur manuellen Wäschereinigung untergebracht waren. In einem größeren Waschzuber, einem beheizten Kessel, wurde die Große Wäsche gekocht.

  • Wartehalle – separater, wettergeschützter Saal eines Bahnhofs, in dem Reisende, nur im Besitz einer gültigen Fahrkarte!, auf ihren Zug warten durften.

Weshalb Gegenstandswörter aussterben, ist rasch erklärt. Die Nomen verschwinden, sobald selbiges Ding oder die betreffende Einrichtung nicht mehr gebraucht wird. Wenn allerdings solch ein Wort Glück hat, bleibt es in Redewendungen bestehen. Weshalb wir den Pfennig innigst ehren, weiterhin gern auf Pulverfässern hocken, Lanzen für andere brechen, usw. usf.

In eigener Sache:

Ein Teil dieser Splitter und viele weitere Wortspielereien finden sich in meinen Publikationen.

Ihre Hinweise und Vorschläge hierfür sind mir herzlich willkommen!

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