Wer kennt ihn nicht, den Kalauer mit der Behauptung, Martin Luther habe seine fünfundneunzig Prothesen an die Tür der Schlosskirche zu Wittenberg genagelt? Aber freilich ist bekannt, dass die Sache sowieso gar kein Witz ist, sondern eine Lektion, die Historie auszuschmücken:

  • Zunächst geht es keinesfalls um Ersatzkörperteile. Und wenn schon Thesen, dann sind die Lutherschen eher als Anti-Thesen zu verstehen. Er hatte sich nämlich fürchterlich echauffiert über den Ablasshandel.
  • Als nächstes ist unklar, ob die Disputatio wirklich angeschlagen wie genagelt wurde. Vermutlich lag sie einem Brief bei, den Martin Luther Ende Oktober 1517 an den Mainzer Erzbischof schickte. Relativ sicher scheint, dass die Abhandlung zunächst nur handschriftlich vorlag. Wahrscheinlich wurde sie um Weihnachten 1517 erstmals gedruckt und in Umlauf gebracht.
  • Obendrein ist die Anzahl der Thesen umstritten. Es dürften weniger als fünfundneunzig sein, da manche sich inhaltlich wiederholen oder auch doppelt verfasst wurden. Herr Luther war ganz offensichtlich in Rage, als er sie notierte.

Wie auch immer – Luthers Zorn weitete sich zu einem weltbewegenden Ereignis aus. Das ist Fakt. Sein Traktat gab den Anstoß zu einer fundamentalen Kirchenreform.

In diesem Andenken begehen wir alljährlich am 31. Oktober den

Reformationstag

Infolge der von Luther ausgelösten Kirchenreform spaltete sich das Christentum in verschiedene Religionsparteien, die sich heute hauptsächlich als evangelisch (= protestantisch, da protestierend) oder katholisch (griechisch katholikós = allumfassend) bezeichnen. Innerhalb der Richtungen gibt es vielerlei Religionsgruppen.

Mit den kirchlichen Änderungen einher gingen politische, teils militärisch ausgetragene Machtkämpfe, da die einzelnen Landesherren sich der Reformation anschlossen oder auch nicht. Zu den prägenden Auseinandersetzungen der Zeit zählt der Deutsche Bauernkrieg alias die Revolution des gemeinen Mannes zwischen 1524 und 1526.

Schließlich wurde mit dem Augsburger Religionsfrieden von 1555 ein erster Versuch angegangen, das Nebeneinander der Glaubensrichtungen zu befrieden. Unter anderem durfte nun ein Landesfürst selbst über die in seinem Machtbereich auszuübende Konfession entscheiden.

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