Die Begeisterung von Papst und Kaiser über Luthers geradezu ketzerische Ideen hielt sich standesgemäß in Grenzen. Daher sah Martin Luther sich im Jahre 1521 genötigt, vorübergehend von der Bildfläche zu verschwinden. Als Junker Jörg getarnt verbrachte er eine Zeitlang auf der Wartburg. Um dort seinen Depressionen und der Langeweile zu entgehen, begann der Ex-Mönch, die Bibel aus den klassischen in die Volkssprache, ins Deutsche, zu übersetzen. Genauer gesagt: ins Obersächsische.

Eintrittskarten zur Wartburg anno 1989; Foto: © Sylvia Koch Eintrittskarten zur Wartburg anno 1989

Luthers Bestreben war es, die Schriften für die einfachen, eher ungebildeten Menschen verständlich zu machen. Daher übersetzte er nicht streng buchstäblich, sondern schrieb die Texte in den Wörtern des Volkes auf. Er selbst erklärt seine Intention hierzu in einem Sendbrief vom Dolmetschen (1530):

"... man muss die Mutter im Haus, die Kinder auf den Gassen,

den gemeinen Mann auf dem Markt drum fragen und denselbigen ...

auf das Maul sehen

..., wie sie reden und danach dolmetschen;

so verstehen sie es denn und merken, dass man deutsch mit ihn' redet." *

Luther prägte mit seiner Bibelübersetzung die deutsche Schriftsprache. Außerdem bereicherte er das Deutsche mit vielen Wortschöpfungen und Redewendungen.

Eine Auswahl an Bibelstellen, die wesentlich durch Luther geprägt sind *:

angst und bange werden
auf dass mein Haus voll werde
auf Händen tragen
auf Herz und Nieren prüfen
aus allen Himmeln/Wolken fallen
aus einem Saulus ein Paulus werden
ausposaunen
babylonische Verwirrung
barmherziger Samariter
Bis hierher ... und nicht weiter.
Bubenstück
Buch mit sieben Siegeln
Dem Reinen ist alles rein.
den ersten Stein werfen
den Hals kosten
den letzten Heller bezahlen/geben
den Teufel durch Beelzebub austreiben
der Dinge harren
Der Mensch lebt nicht vom Brot allein.
Dorn im Auge sein
durch Mark und Bein
Ehre einlegen
eigen Fleisch und Blut
ein Ende mit Schrecken
ein fauler Bauch
ein gutes Werk tun
ein Herz und eine Seele
eine Gabe Gottes
Feigenblatt
Friede auf Erden
Geben ist seliger denn Nehmen.
getreu bis an den Tod
Haare zu Berge stehen
himmelschreiend
im Dunkeln tappen
im Schweiße deines Angesichts
im siebten Himmel sein
in alle Winde zerstreut
in den Dreck treten
in den Wind reden
in die Grube fahren
in jemandes Fußstapfen treten
in Sack und Asche gehen
Ja und Amen sagen
jemandem das Leben sauer machen
jemandem das Maul stopfen
jemandem vor/unter die Augen treten
jemanden sitzenlassen
jemanden unter die Fittiche nehmen
jemanden von Pontius zu Pilatus schicken
jemanden zum Tempel hinaustreiben
jüngster Tag
krumme Wege
Lamm Gottes
Lästermaul
Maul halten

Methusalem
mit Blindheit geschlagen
mit einem Pfund wuchern
mit Füßen treten
mit gleicher Elle messen
mit Schmerzen gebären
mit Zittern und Zagen
nicht von dieser Welt sein
nicht von gestern sein
Nun hat die liebe Seele Ruh.
Ohren klingen/gellen
Philister
Recht muss Recht bleiben
Recht verdrehen
Schandfleck
Schlaf des Gerechten
schlecht und recht
schnöder Mammon
Seid fruchtbar und mehret euch.
sein Haus bestellen
sein Herz ausschütten
sein Licht unter den Scheffel stellen
sein Scherflein beisteuern
sich die Augen ausweinen
sich gütlich tun
Sintflut
Sodom und Gomorrha
Stimme des Blutes
Suchet, so werdet ihr finden.
Sündenbock
Sündenfall
tauben Ohren predigen
Trost des Alters
Und ward nicht mehr gesehen.
ungläubiger Thomas
Unschuldslamm
Vaterunser
verbotene Frucht
verbriefen, versiegeln und bezeugen
verlorener Sohn
Wer's glaubt, wird selig.
Wes das Herz voll ist, des gehet der Mund über.
wes Geistes Kind
wetterwendisch
wider den Stachel löcken
wie ein Mann
wie Sand am Meer
wie Schuppen von den Augen fallen
wie seinen Augapfel hüten
Wurzel allen Übels
Zeichen und Wunder tun
ziehet hin in Frieden
zwischen Himmel und Erde
zu den Vätern versammelt
zur Hölle fahren
zur Salzsäule erstarren


Quelle: "Geflügelte Worte"; Bibliographisches Institut Leipzig, 1981

zurück zu Jahraus - Jahrein

 
E-Mail
Infos